US-Vizepräsident Mike Pence lehnt eine sofortige Absetzung von Donald Trump ab. In einem Schreiben an die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, teilte Pence mit, den 25. Verfassungszusatz aber nicht anwenden zu wollen.

Trotzdem distanzieren sich immer mehr Republikaner von Trump, dessen Anhänger vergangene Woche das Kapitol gestürmt hatten. Nach tagelangem Schweigen verurteilt nun auch das Militär die Gewalt im Parlament. Die Staatsanwaltschaft weitet ihre Ermittlungen aus.

Pence: Loyaler Unterstützer von Donald Trump

Pence und das Kabinett könnten den Präsidenten auf Basis des 25. Verfassungszusatzes für amtsuntauglich erklären lassen und ihm damit sofort die Macht entziehen. Das sei aber nicht im besten Interesse des Landes, schreibt der Republikaner Pence an die Demokratin Pelosi. Es würde nur einen schrecklichen Präzedenzfall schaffen.

Pence war in der oft chaotischen Amtszeit von Trump seit Anfang 2017 stets ein loyaler Unterstützer des Präsidenten. Pence betont, der Fokus müsse jetzt auf einer geordneten Übergabe der Amtsgeschäfte an den Demokraten Joe Biden liegen, der am 20. Januar Trump im Weißen Haus ersetzt. Pence fordert Pelosi zudem auf, Maßnahmen zu vermeiden, die das Land weiter spalteten. „Arbeiten Sie mit uns zusammen, um die Temperatur zu senken.“

Trump wird vorgeworfen, die jüngsten Ausschreitungen im Parlamentsgebäude mit fünf Toten maßgeblich befeuert zu haben. Seit der verlorenen Wahl im November verbreitet er Unwahrheiten über den Ausgang. Mit Anfechtungen vor Gericht ist er aber gescheitert. Trump und Pence hatten am Montagabend erstmals seit dem Sturm auf das Kapitol wieder miteinander gesprochen. Trump hatte Druck auf Pence ausgeübt, die Bestätigung Bidens im Kongress zu torpedieren, was dieser aber ablehnte.

„Noch nie größerer Verrat durch Präsidenten“

Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, soll einem Bericht der „New York Times“ zufolge zufrieden sein, dass die Demokraten ein zweites Amtsenthebungsverfahren gegen Trump anstreben. Dadurch sei es leichter für seine Partei, sich von Trump zu lösen. Deutliche Worte kommen auch von Liz Cheney, einer einflussreichen Republikanerin im Repräsentantenhaus und Tochter des früheren Vize-Präsidenten Dick Cheney: „Es gab noch nie einen größeren Verrat durch einen Präsidenten der Vereinigten Staaten.“ Sie verweist auf den Eid, den Präsidenten auf die Verfassung schwören müssen. „Ich werde dafür stimmen, den Präsidenten seines Amtes zu entheben.“

Dies kündigten auch weitere Republikaner aus dem Repräsentantenhaus an. Allerdings brauchen die Demokraten vor allem im Senat Republikaner, die dort gegen Trump stimmen werden. Trump wird nachgesagt, bei der nächsten Wahl wieder antreten zu wollen. Das nachträgliche Amtsenthebungsverfahren wird deswegen auch über seine Stärke innerhalb der republikanischen Partei entscheiden.

Staatsanwaltschaft weitet Ermittlungen gegen Trump-Anhänger aus

Das Justizministerium hat mittlerweile Ermittlungen gegen mehr als 170 Personen eingeleitet. Die Vorwürfe reichen von Hausfriedensbruch über Verschwörung und Aufruhr bis hin zu Mord, so der zuständige Staatsanwalt, Michael Sherwin. Es handele sich um „beispiellose Ermittlungen“, nicht nur in der Geschichte des FBI, sondern wohl auch des US-Justizministeriums. Bisher seien 70 Anklagen erhoben worden.

In einer seltenen gemeinsamen Erklärung aller Teile des mächtigen US-Militärs verurteilen führende Generale die Vorfälle in Washington. Den Verfassungsprozess zu stören, sei nicht nur gegen die Tradition und die Werte der USA. Es seien auch Rechtsverstöße. Das Militär werde die Verfassung verteidigen.

(Quelle: Reuters)