Dass Neuseeland immer mehr zum Vorreiter für andere Länder wird, hat sich spätestens seit der Corona-Pandemie gezeigt. Nun macht das Land erneut progressive Schlagzeilen. Bei Tot- und Fehlgeburten bekommen Betroffene nun bezahlten Urlaub.

Es ist ein wichtiger Schritt für die gleichberechtigte Trauer von Paaren.

Tot- und Fehlgeburten sind ein Verlust

Paare, die während der Schwangerschaft ein Kind verlieren, bekommen in Neuseeland künftig drei Tage bezahlten Urlaub. Und das betrifft nicht nur die Mütter, sondern auch ihre jeweiligen Partner oder Partnerinnen sowie Familien, die eine Adoption planten. Das Verhältnis der Paare spielt dabei keine Rolle, man muss also nicht verheiratet sein. Bis jetzt konnten Neuseeländer erst dann bezahlten Urlaub bei ihrem Arbeitgeber einreichen, wenn die Schwangerschaft mindestens 20 Wochen angedauert hatte.

„Die Trauer, die mit einer Fehlgeburt einhergeht, ist keine Krankheit, es ist ein Verlust. Dieser Verlust braucht Zeit – Zeit, um sich körperlich zu erholen und Zeit, um sich mental zu erholen; Zeit, um sich mit einem Partner zu erholen“, erklärte die Labour-Abgeordnete Ginny Andersen, die den Gesetzesentwurf präsentierte. Die Politikerin erinnerte dabei an die neuseeländische Schriftstellerin Kathryn Van Beek, die den Abgeordneten ihres Wahlkreises nach ihrer eigenen Fehlgeburt angesprochen hatte: „Eine Fehlgeburt ist eine seltsame, geheime Geburt, die auch ein Tod ist„, schrieb Beek damals.

Neuseeland als Vorreiter

Bisher mussten Arbeitgeber in Neuseeland wie in einigen anderen Ländern bezahlten Urlaub für Totgeburten gewähren, wenn ein Fötus nach einer Schwangerschaft von 20 Wochen oder mehr starb. Die neue Gesetzgebung weitet den Anspruch auf jeden aus, der ein Ungeborenes verliert, wodurch Unklarheiten beseitigt werden. Die Maßnahme soll in den kommenden Wochen zum Gesetz werden. Nicht unter das neue Gesetz fallen Abtreibungen, die Neuseeland letztes Jahr entkriminalisiert hat.

Neuseeland ist mit dem Gesetz ein absoluter Vorreiter. Nur wenige Länder haben eine vergleichbare Gesetzgebung. Beispielsweise stehen Frauen in Indien nach einer Fehlgeburt bis zu sechs Wochen Urlaub zu. Da viele der dort Beschäftigten allerdings in prekären Arbeitsverhältnissen sind, nehmen die wenigsten Frauen diese Gelegenheit auch wahr. Die dazugehörigen Partner sind ebenfalls ausgeklammert. In der kanadischen Provinz Ontario kann eine Frau ab der 23. Woche unbezahlten Schwangerschaftsurlaub nehmen und in Großbritannien können Frauen ab einem ähnlichen Zeitraum in den gesetzlichen, bezahlten Mutterschutz gehen.

Gesetzeslage in Österreich

Wird ein Kind in Österreich tot geboren oder stirbt es direkt nach der Geburt, darf die Mutter für acht Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigt werden. Das fällt unter den Mutterschutz. Nach einer Fehlgeburt besteht hierzulande kein Anspruch auf Mutterschutz. Während der gesundheitlichen Beeinträchtigung nach einer Fehlgeburt besteht die Möglichkeit eines Krankenstandes.