Schau mir in die Augen, Kleines, und ich sage dir, wann du stirbst. So oder so ähnlich könnte die Zukunftsmusik bei einer Vorsorgeuntersuchung aussehen. Denn die Augen sind wohl nicht nur das Tor zur Seele. Laut einer Studie können sie mittels eines Netzhaut-Scans auch darüber Auskunft geben, wann wir sterben.

Ein Screening-Instrument soll dabei helfen, die Sterbewahrscheinlichkeit von Menschen festzustellen.

Was das Auge über unsere Lebenserwartung verrät

Unsere Lebenserwartung ist dank medizinischer Errungenschaften und der allgemeinen Zunahme an Lebensqualität deutlich gestiegen. Dennoch ist uns eines sicher: der Tod. Ob dieser uns morgen oder in 30 Jahren ereilt, wird wohl niemand mit Gewissheit vorhersagen können. Auch die moderne Wissenschaft will diese Frage nun beantworten und sieht die Lösung im tiefen Blick in unsere Augen.

Dazu hat die Forschertruppe rund um Zhuoting Zhu vom Centre for Eye Research Australia einer Maschine beigebracht, anhand eines Augen-Scans sogenannte „Fast-Ager“ zu identifizieren, also jene Menschen, die ein erhöhtes Risiko für einen schnellen Tod haben. Ihre Ergebnisse haben sie im British Journal of Ophthalmology veröffentlicht und wie sich zeigt, scheint der dafür verwendete Algorithmus das Ergebnis sehr präzise zu bestimmen.

Die Netzhaut gibt wichtige Einblicke in unsere Gesundheit

Für die Studie wurde die Netzhaut von 47.000 Probanden gescannt und ihr „wahres“ biologisches Alter ermittelt. Die Genauigkeit des Algorithmus lag bei 3,5 Jahren. Zehn Jahre nach Beginn der Studie sind 1.871 teilnehmende Patienten verstorben. Und der Algorithmus hat das Alter der Verstorbenen tatsächlich richtig eingeschätzt. Die Netzhaut würde empfindlich auf die „kumulativen Schäden des Alterns, die das Sterberisiko erhöhen“ reagieren. Die Forscher:innen vermuten, dass „der Altersunterschied in der Netzhaut ein potenzieller Biomarker für das Altern sein könnte, der eng mit dem Sterberisiko zusammenhängt“ so Zhuoting Zhu. Wenn der Algorithmus beispielsweise feststellt, dass die Netzhaut einer Person ein Jahr älter als ihr tatsächliches Alter ist, steigt somit ihr Risiko, in den nächsten elf Jahren zu sterben, um zwei Prozent. Gleichzeitig steigt ihr Risiko, an einer anderen Ursache als Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs zu sterben, um drei Prozent.

Auch wenn die Ergebnisse eine reine Beobachtungsstudie sind, für das Forscherteam ist die Studie Beweis genug, dass die Netzhaut „das Fenster für neurologische Erkrankungen“ sei. So gebe es immer mehr Belege, die auf die enge Verbindung zwischen Gehirn und Augen hinweisen. Die Netzhaut beherbergt Blutgefäße und Nerven und kann somit wichtige Informationen zum gesundheitlichen Zustand eines Menschen liefern. Auch Herz- oder Gefäßerkrankungen könne man dadurch schneller erkennen und entsprechend behandeln. Künftig könne ein Netzhaut-Scan mittels eines Screening-Instruments dazu eingesetzt werden, bei Risikopatienten vorsorgliche Maßnahmen zu treffen.