Immer mehr europäische Länder entscheiden sich dazu, die Impfungen mit dem Corona-Vakzin von AstraZeneca zu stoppen. Nach Deutschland, wollen nun auch Frankreich, Italien, Spanien, Portugal, Schweden und Lettland vorerst keine Menschen mit diesem Präparat impfen.

Zuerst hatten die Behörden in Dänemark die vorübergehende Aussetzung empfohlen, gefolgt von den norwegischen, isländischen, niederländischen und bulgarischen Behörden. 

EMA will sich bis Donnerstag entscheiden

Grund für den Impfstopp sind Blutgerinnsel, die bei mehreren Menschen nach der Impfung mit dem AstraZeneca-Vakzin aufgetreten sind. Ob es einen kausalen Zusammenhang gibt, ist noch nicht geklärt. Norwegen meldete vier Fälle von Erwachsenen, bei denen es nach einer Impfung zu Blutgerinnseln kam. Am 15. März teilte das Land dann mit, dass eine geimpfte Pflegerin mittlerweile verstorben sei. In der norditalienischen Region Piemont war zudem eine 57 Jahre alte Person gestorben, nachdem sie am Vorabend mit dem Mittel geimpft worden war. Autopsien sind für alle Todesfälle angeordnet worden.

Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) will am 16. März einen Sicherheitsbericht über den Impfstoff vorlegen. Für Donnerstag ist eine Sondersitzung geplant. Man will entscheiden, ob und wie sich die neuen Informationen auf die Zulassung des Impfstoffs auswirken werden.

WHO sieht keine Alarmzeichen

Ähnlich wie die EMA hatte auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärt, dass die vorliegenden Daten nicht darauf hindeuteten, dass der Impfstoff die Blutgerinnsel ausgelöst habe. Er solle deshalb weiter eingesetzt werden. Das Aussetzen von Impfungen mit dem Produkt von AstraZeneca in verschiedenen Ländern ist aus Sicht der WHO noch kein Alarmzeichen. Die Vorfälle seien nicht notwendigerweise auf das Impfen zurückzuführen, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am 15. März. „Es ist eine Routinepraxis, das zu untersuchen.“ Außerdem zeige es, dass das Überwachungssystem funktioniere und wirksame Kontrollen stattfänden, so der WHO-Chef.

Nach den bisher vorliegenden Daten gebe es keine Häufung schwerwiegender medizinischer Vorfälle, hieß es zudem. „Bisher haben wir keine Verbindung zwischen den Ereignissen und den Impfungen gefunden“, sagte WHO-Expertin Soumya Swaminathan. Unter den weltweit bisher verabreichten 300 Millionen Impfdosen verschiedener Hersteller gebe es bisher keinen dokumentierten Fall eines kausalen Zusammenhangs mit tödlichen Vorfällen. Der Vorteil einer Impfung überwiege nach aktuellem Stand das Risiko bei weitem.

Österreich hält an AstraZeneca-Impfstoff fest

Während zuletzt Deutschland, Frankreich und Italien, Schweden und Lettland die Impfungen mit dem AstraZeneca-Vakzin gestoppt haben, hält Österreich weiterhin an dem Impfstoff fest. Eine entsprechende vorläufige Empfehlung sprach das Nationale Impfgremium gestern aus. Allerdings stellte man auch klar, dass noch Daten fehlten. Daher könne man keine „abschließende Empfehlung“ abgeben, hieß es in einer Aussendung des Gremiums, das nach dem Impfstopp mehrerer EU-Staaten getagt hatte.

In Italien laufen unterdessen bereits Ermittlungen zu Todesfällen in zeitlicher Nähe zu CoV-Impfungen. Die italienische Justiz ermittelt nach mindestens sechs Todesfällen, die mit einer AstraZeneca-Impfung zusammenhängen könnten. Am 15. März wurde eine 54-Jährige auf die Intensivstation eines Krankenhauses in Neapel eingeliefert, nachdem sie vergangene Woche mit einer Dosis aus der AstraZeneca-Charge ABV5811 geimpft worden war, die in Italien am Sonntag eingezogen wurde. Die Frau, die vor der Impfung gesund war, schwebe in Lebensgefahr, berichteten italienische Medien.

Stopp der AstraZeneca-Impfung ist Vorsichtsmaßnahme

30 gemeldete Thrombosefälle gab es bis zum 10. März 2021 innerhalb der EU. Diese standen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung mit AstraZeneca. Das geht aus einem Prüfbericht der EMA hervor. „Zeitlicher Zusammenhang“ bedeutet, dass die Fälle direkt nach bis mehrere Tage oder Wochen nach der Impfung auftraten. Insgesamt wurden zu diesem Zeitpunkt fünf Millionen Menschen mit dem Vakzin geimpft.

Der Stopp der Impfung, und das betonen auch alle Länder, ist eine reine Vorsichtsmaßnahme. In Deutschland gab es etwa sieben Fälle von Venen-Thrombosen bei über 1,6 Mio. Impfungen. Das waren sehr wenige, aber laut Gesundheitsminister Jens Spahn dennoch ein wenig mehr, als man normalerweise in der Bevölkerung erwarten würde. In den klinischen Studien sind diese Blutgerinnsel als Nebenwirkung bislang nicht aufgefallen. 

Quelle: (reuters/ red)