Laut der österreichischen Gesellschaft für Datenschutz ARGE Daten ist die „Stopp Corona“-App des Roten Kreuzes „nicht praxistauglich“. Denn die Treffsicherheit, dass ein aufgezeichneter Match auch ein tatsächlicher Kontakt innerhalb zwei Metern ist, liege bei weniger als einem Promille.

Die gebe demnach „falsche Sicherheit“. Die Ende März veröffentlichte App soll dabei helfen, die Ausbreitung des Coronavirus zu reduzieren. Nutzer können damit anonymisiert Kontakte tracken.

ARGE Daten kritisiert „Stopp Corona“

Eine Lottogewinn sei laut ARGE Daten wahrscheinlicher, als dass ein mit der App des Roten Kreuzes aufgezeichneter „Match“ auch tatsächlich ein Kontakt innerhalb von zwei Metern ist. Zudem könne die App weder feststellen, ob jemandem die Hand gegeben wurde, noch, ob man eine kontaminierte Fläche berührt hat. Auch die technischen Möglichkeiten zur Distanzmessung seien nicht ausreichend. Laut der Datenschutzorganisation fehle es an Genauigkeit.

Denn die App setzt auf Bluetooth, um die Kontakte aufzuzeichnen. Bluetooth funktioniert nämlich auch in geschlossenen Räumen. Allerdings ist es weder für Distanzmessungen noch Standort-Bestimmungen konzipiert. Die Match-Wahrscheinlichkeit, also die Tatsache, dass ein aufgezeichneter Match auch ein tatsächlicher Kontakt innerhalb von 2 Metern ist, liege bei einer Bluetooth-App optimistisch geschätzt bei höchsten 25 Prozent, realistisch seien es 10 Prozent. Dieser Wert würde jedoch unterlaufen, da bei der App des Roten Kreuzes die willkürliche Annahme eines 15 Minuten-Kontakts verlangt wird. Für die ARGE Daten gebe „Stopp Corona“ ein falsches Gefühl der Sicherheit. Die Datenschutzorganisation empfiehlt: „Finger weg von der App, vernünftige Distanz halten, regelmäßig Hände waschen!“

App möchte künftig mit Google und Apple zusammenarbeiten

Die App des Roten Kreuzes möchte in Zukunft voraussichtlich als Basis die Initiative von Apple und Google nutzen. Die Initiative soll künftig das Rückverfolgen von Kontakten via Smartphone ermöglichen. Michael Zettel, Österreich-Chef von Accenture Österreich, der Entwicklerfirma der App, bestätigte dem Standard, dass man bereits im Gespräch mit den IT-Konzernen sei, um einen frühzeitigen Zugang zu erhalten. Man prüfe aktuell die verfügbaren technischen Konzepte und Schnittstellen, so die Zeitung weiter.

Debatte um verpflichtende Nutzung der App

Anfang April sorgte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka für Aufregung, da er sich in einem Interview für eine verpflichtende Nutzung von „Stopp Corona“ stark machte. Der Politiker ruderte seither wieder etwas zurück, doch auch Bundeskanzler Kurz äußerte Vorhaben, im Kampf gegen das Coronavirus auf Tracking setzen zu wollen. Verfassungsrechtler kritisieren dieses Vorhaben allerdings.

FPÖ bringt Anzeige gegen Corona-App ein

Auch die Opposition kritisiert die Äußerungen der ÖVP-Politiker zu einer verpflichtenden Nutzung von „Stopp Corona“. Die FPÖ stößt sich anscheinend auch an der App selbst. Im Zusammenhang mit „Stopp Corona“ gebe es demnach „massive datenschutzrechtliche Bedenken“, erklärten Klubobmann Herbert Kickl und Verfassungssprecherin Susanne Fürst gegenüber der APA. Die Partei wird daher bei der Datenschutzbehörde Anzeige gegen die Betreiber der App erstatten. Konkret befürchtet Kickl einen Abfluss der Daten etwa „an gigantische Konzerne wie Google oder Microsoft“.