Vor allem Modeunternehmen müssen wegen der Corona-Krise mit extremen wirtschaftlichen Einbußen rechnen. Für Modedesigner bedeutet das: Umdenken, die gewohnte Arbeitsroutine neu definieren und alternative Kreativprozesse gestalten.

Wir haben drei Labels befragt und mit österreichischen Modedesigner über die aktuelle Situation gesprochen.

Eva Poleschinski

Eva Poleschinski ist eine in Wien ansässige Modedesignerin, die mit viel liebe zum Detail heimische Haut-Couture-Kleider kreiert.

Die Steirerin näht in ihrem Atelier jetzt Mund-Nasenschutz-Masken auf Anfrage.
Bild: Eva Poleschinski

Wie hat sich deine Arbeitsweise nun verändert?

Die derzeitige Corona-Pandemie fällt genau in meine Hauptauslastungszeit: Die Hochzeitsaison! Und dabei sind etwa 80 Prozent internationale Kunden. So habe ich die Kleider in den ersten zwei Wochen zu Hause fertiggestellt, um für die verschobenen Anproben vorbereitet zu sein. Seit einer Woche arbeite ich jedoch wieder alleine in meinem Atelier, um den Anfragen nach Mund-Nasen-Schutzmasken nachzukommen.

Welche Maßnahmen mussten ergriffen werden, um Einbußen so gering wie möglich zu halten?

Ich habe auf das Modell der Kurzarbeit umgestellt. Ich zweifle nicht daran, dass mein Unternehmen weiter Bestand hat. Denn ich spüre die Treue meiner Stammkunden und schätze sie vor allem in dieser Zeit sehr.

Die Hoffnung für danach?

Jede Krise bringt auch eine neue Chance. Wie sonst auch, müssen Unternehmer immer wieder und immer aufs Neue den Markt beobachten, um nicht nur am Puls der Zeit zu bleiben, sondern einen Schritt voraus zu sein. So beschäftige ich mich jetzt intensiv damit, welche Konsequenzen und Folgen diese Zeit mit sich bringen wird, um Ideen für mein Unternehmen zu entwickeln. Meiner Meinung nach wird diese Phase die Gesellschaft spalten. Es wird die geben, die vielleicht etwas Entschleunigung und nachhaltig Erkenntnisse und Erfahrungen dieser Krisenzeit in ihr Leben integrieren und dann wird es die geben, die „jetzt erst recht“ als Motto haben. Was ich mir wünschen würde, ist, dass wir mehr Wert auf europäische und österreichische Produktion legen, um uns so mehr Abhängigkeit zu geben.

Maschalina Designs

Hinter dem Label Maschalina Designs steckt Mascha Lina Borodin, die mit ihrem Team seit 2012 handgefertigten Statement-Schmuck verkauft.

Die Schmuckdesignerin Mascha Lina (rechts) wohnt und arbeitet mit ihrer Schwester zusammen und das erleichtert die weitere Arbeit derzeit enorm.
Bild: Maschalina Designs

Wie schwer betrifft die derzeitige Krise euer Label?

Ich erinnere mich an einen bitteren Tag ziemlich zu Beginn der Krise, an dem wir drei Großaufträge von Stores verloren haben. Mir war allerdings auch schnell klar, dass unsere laufenden Fixkosten in den nächsten Monaten allein durch unseren Onlineshop kompensiert werden können und wir den Fokus daher zu 100 Prozent auf dieses Standbein setzen müssen.

Wie musstet ihr umrüsten?

Da unsere Onlineverkäufe stark zugenommen haben, mussten wir das Atelier neu organisieren. Der angeordnete Sicherheitsabstand ist bei uns garantiert und wir sind mit Schutzmasken und Handschuhen ausgerüstet. Wir waren in den letzten Jahren eigentlich mehr auf Store-Kooperationen konzentriert und hatten ein paar Pop-Up Events in Planung. Aktuell haben wir eine komplette Marketingstrategie für unsere Social-Media-Kanäle entwickelt, sowie Newsletter und Geschenkaktionen aufgesetzt. Es würde mich persönlich aber schon sehr freuen, wenn wir unsere Events im Juli oder August noch umsetzen könnten.

Was könnt ihr längerfristig daraus mitnehmen?

Ehrlicherweise hatte ich das Potenzial meines Onlineshops total unterschätzt. Wenn man viele Jahre selbstständig ist, wird man leider irgendwann auch ein wenig betriebsblind. Jetzt fühlt es sich an, als wäre mein Online-Shop aus einem Dornröschenschlaf geweckt worden und wir arbeiten mit voller Euphorie an dieser Intensivierung, sowohl für die nächsten Monate als auch für eine Zeit danach. Als Unternehmen ist es sehr gefährlich, sich von einer einzigen Einnahmequelle abhängig zu machen. Wer in der Krise neue Wege gehen kann, ist für die Zukunft breiter und sicherer aufgestellt! Es lebe also die Kreativität!

Sabinna

Die Österreicherin studierte Modedesign in London und startet auch gleich ihr Business von dort. Sie setzt vor allem auf nachhaltige Kleidung.

Von ihrem Home Office aus koordiniert Sabinna nun ihre Arbeit.
Bild: Sabinna

Wie geht ihr mit der Situation jetzt um?

Wir sind ein Modelabel mit einem Fokus auf nachhaltige Kleidung, sowie Events und Workshops. Die Krise trifft uns sehr, da im Moment weniger Menschen Kleidung kaufen und alle unsere Events und Workshops abgesagt werden mussten. Alle Mitarbeiter sind im Home Office. Dank der digitalen Vernetzung halten wir wie gewohnt tägliche Meetings ab. Zusätzlich haben wir auch Digital Friday Drinks mit dem gesamten Team eingeführt – jeden Freitag treffen wir uns bei Zoom, essen virtuell gemeinsam zu Abend und trinken Wein. Diese Digital Friday Drinks sind vor allem wichtig für den Austausch, den Zusammenhalt und die Gegenseite mentale Unterstützung in dieser schwierigen Zeit.

Welche weiteren Schritte habt ihr gesetzt?

Alle unsere Workshops wurden digitalisiert und sind jetzt online. Außerdem haben wir begonnen DIY-Kits für zu Hause anzubieten. Wir haben auch unsere Social Media und Newsletter-Inhalte angepasst. Wir wollen ein Ort sein, an den man sich zurückzieht, wenn einem alles zu viel wird. Außerdem wollen wir diese Zeit auch nutzen, um neue Kollaborationen aufzubauen. Wir sind alle betroffen und sollten jetzt zusammenrücken und uns gegenseitig helfen. Wir setzen bewusst auf positive Nachrichten und wollen unseren Kunden und unserer Community in dieser Krise so gut wie möglich beistehen.

Können wir daraus auch etwas lernen?

Wir können alle wahnsinnig viel aus dieser Situation lernen – aus unternehmerischer aber auch aus menschlicher Sicht. Ich bin davon überzeugt, dass Geschäftsmodelle nach dieser Krise vielfältiger werden und viele Unternehmen flexiblere Arbeitszeiten, sowie vermehrt Home Office anbieten werden. Vor allem hoffe ich, dass wir alle als Menschheit näher zusammenrücken und mehr aufeinander schauen.