Die Erste Ministerin Schottlands entschuldigt sich in einer Erklärung jetzt offiziell bei den tausenden von Menschen, die im Zuge der Hexenverfolgungen ums Leben kamen. Vor allem für Frauen kam es dadurch zu „kolossalem“ Unrecht.

Es ist die erste derartige Entschuldigung bei Hexen in der Geschichte Schottlands.

Hexenverfolgung war „tiefgreifende Frauenfeindlichkeit“

Durch das Hexereigesetz, das 1563 in Schottland eingeführt wurde, kam es im ganzen Land zu unzähligen Hexenverfolgungen, Anschuldigungen und Tötungen. Tausende von Menschen – darunter hauptsächlich Frauen – kamen im Zuge dessen ums Leben. Untersuchungen zufolge waren es zwischen 1479 und 1727 mindestens 2.500 Menschen. Viele mehr wurden brutal gefoltert, gefangen genommen und zu Aussagen und Geständnissen gezwungen.

Heute versuchen viele Aktivistinnen und Historikerinnen, für eben diese Frauen posthum Gerechtigkeit zu erreichen. Eine Art, das umzusetzen, ist eine aktuelle Petition. Diese fordert eine Begnadigung für die mehr als 4.000 Opfer in Schottland.

Eine Petition, auf die Nicola Sturgeon, die Erste Ministerin Schottlands, jetzt reagierte. Und zwar mit einer Entschuldigung! Vor dem schottischen Parlament erklärte sie am internationalen Frauentag, dass sie „dieses ungeheuerliche historische Unrecht“ anerkenne und sich posthum entschuldigen wolle. Denn bei der Verfolgung und Anklage handle es sich um eine „tiefgreifende Frauenfeindlichkeit“ und „Ungerechtigkeit von kolossalem Ausmaß“.

Eines ist für sie besonders wichtig. „Diejenigen, die dieses Schicksal ereilte, waren keine Hexen, sondern Menschen, und es waren überwiegend Frauen“, erklärt sie. „In einer Zeit, in der Frauen nicht einmal als Zeuginnen in einem Gerichtssaal aussagen durften, wurden sie beschuldigt und getötet, weil sie arm, anders, verletzlich oder in vielen Fällen einfach nur Frauen waren.“

Entschuldigung auch Jahrhunderte später notwendig

Und auch, wenn die Taten mittlerweile Jahrhunderte zurückliegen, sei es für die Ministerin extrem wichtig, sich rückwirkend zu entschuldigen – aus drei Gründen. „Erstens ist es wichtig, Ungerechtigkeit anzuerkennen, egal wie historisch sie ist“, erklärt sie. Außerdem sei Hexenverfolgung keinesfalls etwas, das ausschließlich in der Vergangenheit liege. „Es gibt Teile unserer Welt, in denen auch heute noch Frauen und Mädchen verfolgt und manchmal getötet werden, weil sie der Hexerei beschuldigt werden.“

Letztlich sei zwar das Hexereigesetz schon lange abgesetzt, eines sei jedoch damals wie heute allgegenwärtig: Frauenfeindlichkeit. „Wir leben immer noch mit ihr. Heute äußert sie sich nicht in Hexereivorwürfen, sondern in alltäglichen Belästigungen, Online-Vergewaltigungsdrohungen und sexueller Gewalt.“ Auch deshalb brauche es heute eine aktive Thematisierung.

Weitere Schritte zur Begnadigung der Hexen gefordert

Die Entschuldigung ist übrigens die erste derartige in der schottischen Geschichte – und trifft auf viel Lob. So betonen zahlreiche Aktivistengruppierungen und Unterstützer, wie wichtig sie ist. So auch die schottische Anwältin Claire Mitchell.

In einem Podcast mit der Schriftstellerin Zoe Venditozzi erklärte sie: „Niemand hat sich jemals offiziell zu dem geäußert, was mit diesen Menschen geschehen ist. Niemand hat sich jemals formell entschuldigt.“ Dass es jetzt endlich passiert ist, sei für sie ein wichtiger erster Schritt, aber noch lange nicht das Ende der Bemühungen. Denn sie fordert ein Denkmal und eine offizielle Begnadigung der Opfer.

Eine Forderung, die auch Venditozzi unterstützt. „Wir wollen, dass es ein nationales Denkmal gibt, das die Geschehnisse markiert“, erklärt sie. „Damit die Menschen wissen, was passiert ist, wenn sie in das Land reisen. Und damit wir uns für viele, viele, viele Jahre an diesen schrecklichen Justizirrtum erinnern können.“