Die Macher von „Westworld“ haben sich an eine neue Welt gewagt. Sie machen aus dem Science-Fiction Liebling „Peripherie“ jetzt eine Serie. Ob das gut gehen kann?

Die „Westworld“-Vibes waren definitiv spürbar!

„Peripherie“: Science-Fiction mit realem Touch

Bevor wir jegliche Form von Kritik, Spoiler oder sonstige Hints auf die neue Amazon-Serie „Peripherie“ geben, wollen wir eines vorweg nehmen. Wer sich auf die neue Amazon Video Serie einlässt, ohne die Buchvorlage von William Gibson zu kennen, lässt sich auch auf ein paar Verwirrungen ein. Vor allem am Anfang der Serie werden viele Dinge gezeigt und präsentiert, die erst einige Zeit später aufgelöst werden.
Dennoch ist „Peripherie“ eines der wohl einnehmendsten TV-Abenteuer der vergangenen Monate.

Aber zurück zum Anfang: In „Peripherie“ schreiben wir das Jahr 2032. Alles ist deutlich moderner! Bargeld gehört zu den verpönten Dingen, mit denen man nur mehr dubiose und zwielichtige Käufe tätigt und Virtual Reality (VR) wurde auf ein ganz neues Level gehoben. In dieser Welt lebt Flynne (gespielt von Chloe Grace Moretz) gemeinsam mit ihrem Bruder Burton und ihrer kranken Mutter. Mit ihrem Bruder versucht sie, wo es geht Geld zu beschaffen, um die teuren Medikamente ihrer Mutter zu finanzieren.

Langsamer Start, schneller Wechsel

Während sie dafür in einem 3D-Druckshop arbeitet, widmet sich Burton den VR-Spielen. Für ausreichend Geld ist er ein Stand-In; er übernimmt also für andere Spieler, um sie in den Leveln voranzubringen. Eine Beschäftigung, der sich auch Flynne widmet. Denn obwohl Frauen als Spielerinnen eher weniger gern gesehen werden, ist sie tatsächlich besser als ihr Bruder. Einziger Nachteil: sie muss unter seinem Namen spielen, ansonsten würden viele sie nicht akzeptieren.

Und weil Burton – oder eigentlich Flynne – so gut sind, bekommen sie ein Angebot. Ein außergewöhnliches, neues VR-Spiel, für das sie bezahlt werden. Das Spiel ist noch nicht fertig getestet, soll allerdings so fesselnd und einnehmend sein wie keines zuvor. Und genau dafür werden natürlich die Talente von Flynne gebraucht, die sich für ihren Bruder ausgibt. Doch schon kurze Zeit, nachdem sie sich auf die virtuelle Welt einlässt, merkt sie: ganz so virtuell sind die Erlebnisse gar nicht – und die Konsequenzen des Spiels werden schon bald realer, als sie es sich gewünscht hätte.

„Peripherie“: Die „Westworld“-Macher wagen sich an eine neue Welt

Und eben diese Achterbahnfahrt durchlaufen wir in „Peripherie“. Als Zuseher:in lernen wir eine futuristische Welt kennen, die viel mit unserer gemeinsam hat, gleichzeitig aber nicht unterschiedlicher sein könnte. Als absolute Science-Fiction-Experten wissen Lisa Joy und Jonathan Nolan (die unter anderem für die Erfolgsserie „Westworld“ verantwortlich sind) natürlich genau, wie man so eine Welt aufbaut.

Wir starten langsam, lernen erst einmal alle Charaktere ein bisschen kennen, bekommen den ein oder anderen Hintergrund (ein Crush hier, ein bisschen Trauma da) und erleben den ersten Twist dadurch umso stärker. Sie spielen damit, dass die Zuseher:innen nicht alles wissen und vor allem im Laufe der ersten Folge noch verwirrt sind.

Denn es gibt so viel Neues, das vorgestellt wird, so vieles, was ähnlich ist, wie in der realen Welt aber gleichzeitig ganz anders verwendet wird (wie etwa e-Bikes oder VR-Spiele). Doch diese Verwirrung führt nie dazu, dass man zwischenzeitlich abschaltet oder sich denkt „Ok, ich check es nicht, Zeit für TikTok“. Ganz im Gegenteil. Man hat das Gefühl, mittendrin zu sein und unbedingt ALLES erfahren zu wollen.

Bitte hört auf mit den Fake-Akzenten

Vor allem die Szenen in der „virtuellen“ Welt sind so fesselnd, dass es sich teilweise so anfühlt, als wäre man selbst mitten in einem Videospiel. Verstärkt wird das ganze durch die Special Effects und den Sound, der jeden optischen Moment um einiges verschärft. Als etwa zum ersten Mal der Schalwellenschlag losgelassen wird, spürt man den Druck auch von der bequemen Couch aus und erwischt sich beim Zusammenzucken.

Ist „Peripherie“ also die perfekte Science-Fiction-Serie? Nein. Denn natürlich geht bei all dem Fokus auf Action und Special Effects auch einiges unter. Die gespielten Südstaaten-Akzente sind in der Originalversion etwa richtig irritierend. Denn man merkt den Darsteller:innen mit jedem Wort an, wie sehr sie sich bemühen, wie ein Cowboy zu klingen (cringe-Momente sind da garantiert!). Und auch der Wechsel zwischen den Plots ist hin und wieder holprig. Wir wollen etwa gerade noch herausfinden, was Chloe Grace Moretz an dem Polizisten attraktiv findet; da verirren wir uns schon in VR-Technik-Fachjargon.

Trotzdem bleibt man dabei. Vielleicht ja auch, weil „Peripherie“ Science-Fiction in einer erfrischend anderen Variante lebt. Die Welt ist zwar ganz anders als unsere, aber nicht so weit von der realen Welt 2022 entfernt, dass es unrealistisch wäre. Wer weiß, vielleicht sind wir ja nur eine technische Entwicklung davon entfernt, selbst als Avatar in semi-virtuellen-Welten aufzutauchen?