Wir Menschen ernähren uns laut Experten mit zu vielen Proteinen. Die Folge: Unsere Ausscheidungen, die in Gewässer gelangen, sorgen für ein erhebliches Umweltproblem. Denn menschlicher Urin führt zu einem höheren Stickstoffeintrag.

Das reicht bis zu marinen Todeszonen, wie Forscher:innen jetzt herausgefunden haben.

Wir ernähren uns zu proteinreich

Menschen ernähren sich zu großen Teilen von Proteinen. Immerhin bilden diese neben Fetten und Kohlenhydraten die wichtigsten Bestandteile der Nahrung, die wir zum Leben brauchen. Zudem liefert proteinreiche Nahrung Energie und ist in Form von Zellbausteinen und Transportstoffen in zahlreichen biochemischen Prozessen des Körpers involviert. Doch wie in so ziemlich jedem Bereich des Lebens ist hier die Menge ausschlaggebend.

Ernährungswissenschaftler:innen empfehlen im Durchschnitt 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht – und das täglich. Doch durch unsere Ernährungsweise übersteigen wir diesen Wert jeden Tag maßlos. Das liegt zum einen am immer noch sehr hohen Fleischkonsum in unseren Breitengraden. Doch viele nehmen auch einen Überschuss an Proteinen zu sich, weil sie einem Fitness-Lifestyle nachgehen. An High-Protein-Diäten, Extra-Eiweiß-Produkten und Proteinriegeln, die einem allerhand versprechen, kommt man nicht mehr vorbei.

Für den menschlichen Körper muss das zwar keine negativen Auswirkungen haben, Schattenseiten gibt es aber dennoch. Das haben US-Forscher:innen jetzt herausgefunden.

Darum ist menschlicher Urin mittlerweile schlecht für die Umwelt

Wissenschaftlerin Maya Almaraz von der University of California hat sich die menschlichen Ausscheidungen hinsichtlich der Proteineinnahme genauer angesehen. Dabei ist sie auf ein erschreckendes Ergebnis gestoßen, das sie in einer Studie im Fachjournal Frontiers in Ecology and the Environment veröffentlicht hat. „Es hat sich herausgestellt, dass viele von uns viel mehr Eiweiß essen, als wir brauchen, und das hat Auswirkungen auf die Ökosysteme“, so Almaraz.

Hierbei macht es auch keinen Unterschied, ob die Proteine aus tierischer oder pflanzlicher Quelle stammen. Werden diese abgebaut, entsteht Harnstoff, der mit dem Urin ausgeschieden wird. Das Problem hierbei: Er enthält viel Stickstoff. Dieser kommt übrigens auch in der Landwirtschaft zum Einsatz. Weltweit werden jährlich mehr als 100 Millionen Tonnen Stickstoff mit dem Düngemittel für Pflanzen im Erdboden verteilt – eine enorme Umweltbelastung. Scheiden wir Menschen den Stickstoff nun auch noch aus, sind die problematischen Auswirkungen nicht mehr weit entfernt.

Forscherin fordert Ernährungsumstellung

Stickstoff-Überschüsse, die der Boden nicht mehr aufnehmen kann, gelangen dann in Oberflächengewässer. Das führt oft zu Algenteppichen, die im schlimmsten Fall aquatische Todeszonen auslösen können. Heißt: Hier kann nichts mehr überleben, außer Mikroben. Dadurch sind sowohl die Wasserqualität als auch die Artenvielfalt massiv gefährdet. Das Team rund um Almaraz teilt ein schockierendes Ergebnis: Allein in Nordamerika sind mehr als zwölf Prozent des gesamten Stickstoffeintrags, der in die Meere gelangt, auf das Abwasser zurückzuführen.

Menschlicher Urin wird also zu einem immer größeren Umweltproblem. Die Forscher:innen sind sich einig: Jetzt muss gehandelt werden! Almaraz hätte hier bereits einen Ansatz: „Es gibt […] einen anderen Weg, der günstiger und gesünder wäre: eine Ernährungsumstellung“. Dazu müsste man den Konsum von Fleisch und anderen tierischen Produkten erheblich reduzieren. Gelingt das, sieht die Prognose viel besser aus. Bis Mitte des Jahrhunderts wäre – trotz Bevölkerungswachstums – mit einem Rückgang um fast 30 Prozent an Stickstoff-Ausscheidungen zu rechnen.