Der Name Anna Delvey ist wohl den meisten aus der Netflix-Serie „Inventing Anna“ bekannt. Die Betrügerin ergaunerte Hunderttausende Dollar aus ihrem Freundeskreis – und musste zuletzt wegen eines abgelaufenen Visums ins Gefängnis. Doch jetzt ist Anna (teilweise) frei – und nutzt die Zeit für ein Interview.

Mit der New York Times spricht sie erstmals über ihre Zukunftspläne

Anna Delvey steht unter Hausarrest

Es gibt wohl kaum jemanden, der eine öffentliche Bloßstellung PR-technisch so gut genutzt hat wie Anna Delvey aka Anna Sorokin. Denn seitdem ihre Betrügermasche in der Netflix-Serie „Inventing Anna“ einmal mehr publiziert wurde, nutzt die 31-Jährige den neu gewonnenen Ruhm.

Und das, obwohl die Fake-Erbin in den vergangenen Monaten eigentlich hinter Gittern war. Denn nachdem sie für ihre Betrüger-Machenschaften im Gefängnis war und ihren Opfern Geld zurückgezahlt hatte, wurde sie von der Einwanderungsbehörde erneut festgenommen. Der Grund: Anna lebte in New York, obwohl ihr Visum schon abgelaufen war. 18 Monate stritt die Ex-Betrügerin deshalb in Gerichtsterminen, um eine Ausweisung nach Deutschland zu verhindern.

Ihre Zeit im Gefängnis verbrachte Anna aber auch recht effizient. Unter anderem verkaufte sie einige ihrer Zeichnungen und sogar ihre getragene Unterwäsche. Doch jetzt ist Anna endlich frei – zumindest teilweise. Denn seit vergangener Woche steht die Frau unter Hausarrest und wartet auf die Fortsetzung ihrer Verhandlungen bezüglich ihrer drohenden Abschiebung.

„Mich abschieben zu lassen, wäre wie ein Zeichen der Kapitulation gewesen“

Die Zeit mit der Fußfessel nutzt sie natürlich ebenso effizient, wie jene im Gefängnis; und gibt nur kurz nach ihrer Entlassung gleich das erste Interview. Mit der „New York Times“ spricht sie jetzt nämlich ausführlich über ihre Zeit im Gefängnis und die Tatsache, dass sie auf keinen Fall zurück nach Deutschland will.

Denn Anna will in New York bleiben; auch, um die Fehler der Vergangenheit auszubügeln. Um dieses Ziel zu erreichen, blieb Anna auch länger im Gefängnis. Denn eine Abschiebung hätte ihren Aufenthalt eigentlich verkürzt. „Ich wollte nur nicht, dass es so abläuft, wie die ICE [Anm. United States Immigration and Customs Enforcement] es wollte. Mich abschieben zu lassen, wäre wie ein Zeichen der Kapitulation gewesen – eine Bestätigung meiner Wahrnehmung als oberflächliche Person, die sich nur um obszönen Reichtum kümmert, und das entspricht einfach nicht der Realität“, betont sie.

„Ich hätte gehen können, aber ich habe mich dagegen entschieden, weil ich versuche, meine Fehler wiedergutzumachen. Ich habe eine lange Geschichte in New York und wenn ich in Europa wäre, hätte ich das Gefühl, dass ich vor etwas weglaufen würde. Aber wenn das Gefängnis den Leuten nicht das Gegenteil beweist, was dann?“

Anna Delvey spricht über Zukunftspläne und Social-Media-Pause

Nach ihrer Entlassung will sie im Hausarrest jetzt wieder ein neues Leben aufbauen. Sie betont, dass sie derzeit „so viele Projekte“ habe, an denen sie arbeite. „Ich arbeite an meinem eigenen Podcast mit verschiedenen Gästen für jede Folge. Aber er ist noch nicht fertig. Es war ziemlich schwer, aus dem Gefängnis etwas in hoher Qualität aufzunehmen. Und dann ist da noch mein Buch. Ich würde gerne etwas zur Strafrechtsreform machen, um die Kämpfe anderer Mädchen zu beleuchten“, erzählt sie. Auch der Kunst will sie sich wieder widmen.

Nur eines kann die Ex-Betrügerin derzeit nicht weiterverfolgen: ihre Social-Media-Karriere. Denn Teil des Hausarrestes ist nicht nur eine Fußfessel, sondern auch ein Social-Media-Verbot. Ihre rund eine Million Follower:innen bekamen durch Annas Team sogar News, während Anna im Gefängnis war. Doch jetzt herrscht seit 1. Oktober Funkstille. „Vielleicht ist das am besten so? Es ist wirklich schwer, die Ablenkungen auszublenden“, überlegt die 31-Jährige.

Doch ganz überzeugt von dieser Online-Auszeit ist sie wohl nicht, denn Anna ergänzt: „Hoffentlich ist es nicht für immer.“ Die Social-Media-Pause hilft ihr offenbar, sich von einem zu distanzieren: Ihrem Promi-Status. Mit diesem will sie nämlich kaum etwas zu tun haben, betont sie. Es sei „buchstäblich das Letzte“, worüber sie derzeit nachdenke. Denn: „Ich habe nicht das Gefühl, dass ich viel Kontrolle darüber habe, vor allem jetzt, wo ich im Hausarrest bin und keinen Zugang zu sozialen Medien oder Elektronik habe.“

Doch in gewohnter Anna Delvey Manier, enthüllt sie in dem Interview natürlich nicht alles. Denn, dass sie nur wenige Tage nach ihrer Freilassung schon ein schönes New Yorker Apartment in Manhattan hat, in dem sie lebt, verblüfft den Interviewer. Auf seine Nachfrage, woher die junge Frau das Geld nimmt, entgegnet sie nur: „Das müssen Sie wohl die Regierung fragen“; anschließend betont sie jedoch, dass das Geld ihr gehört.