Das ungarische Parlament hat nun ein Sammelgesetz verabschiedet, das unter anderem Geschlechtsanpassungen verbietet. Damit verlieren transsexuelle Menschen jegliche rechtliche Anerkennung.

Menschenrechtsorganisationen schlagen Alarm.

Transsexuelle in Ungarn sind nicht mehr rechtlich anerkannt

Trotz internationaler Proteste hat das ungarische Parlament die rechtliche Anerkennung für Transsexuelle abgeschafft. Am 19. Mai verabschiedeten die Abgeordneten der nationalkonservativen Koalition von Viktor Orbán eine Gesetzesänderung, wonach das bei der Geburt eingetragene Geschlecht nicht mehr geändert werden darf. Damit verlieren trans- und intersexuelle Menschen jegliche rechtliche Anerkennung in dem EU-Land. Bisher war es Personen, die sich einer Geschlechtsumwandlung unterzogen hatten, möglich, einen Antrag auf Geschlechts- und Namensänderungen im standesamtlichen Personenregister zu stellen.

Menschenrechtsorganisationen verurteilten die Gesetzesänderung. So erklärte etwa David Vig von Amnesty International Ungarn: „Diese Gesetzgebung (…) setzt Trans-Personen und intersexuelle Menschen einer weiteren Diskriminierung aus.“ Sie verstärke zudem eine intolerante und feindselige Umgebung für diese Menschen und werfe Ungarn ins Mittelalter zurück. Außerdem warf Amnesty Ungarn vor, internationale Menschenrechtsstandards zu missachten.

LGBT-Bewegung in Ungarn will gegen das Gesetz vorgehen

Tamas Dombos, Mitglied der LGBT-Bewegung in Ungarn, kündigte an, vor den ungarischen und internationalen Gerichten gegen das Gesetz vorzugehen. Bereits in den letzten Wochen vor der Verabschiedung entwickelte sich unter dem Hashtag #Drop33 eine große Kampagne gegen die Gesetzesvorlage, die sich auf Artikel 33 des Sammelgesetzes bezog. Eben diese befasste sich nämlich mit gesetzlichen Geschlechtsanpassungen. Die Kampagne konnte die Gesetzesänderungen aber dennoch nicht verhindern. Die ungarische LGBTIQ-Organisation Háttér Társaság erklärte nach der Verabschiedung des Gesetzes: „Wir werden den Kampf gegen dieses Gesetz nicht aufgeben. Wir fordern den Präsidenten der Republik, Jándor Áder, auf, das Gesetz nicht zu unterzeichnen, sondern es dem Verfassungsgericht zur Überprüfung vorzulegen.“

Orbán steht in der Kritik

Viktor Orbán steht immer wieder in der Kritik, Menschen- und Bürgerrechts in seinem Land zu verletzen. Der seit 2010 regierende Ministerpräsident setzt sich für eine ultrakonservative Familienpolitik ein, die Menschen mit einer von der vermeintlichen Norm abweichenden Sexualität ausgrenzt.

Zuletzt sorgte der Ministerpräsident außerdem für internationale Aufregung, weil er im Zuge der Corona-Pandemie ein umstrittenes Notstandsgesetz beschlossen hatte. Für das neue Gesetz hat man die parlamentarische Kontrolle des Notstands an sich ausgehebelt: Eigentlich muss das Parlament nämlich alle 15 Tage bestätigen, dass weiterhin eine Gefahrenlage herrscht. Das ist in Ungarn nun nicht mehr erforderlich. Die Opposition und andere Kritiker warfen Orbán vor, mit dem Gesetz das Parlament faktisch auszuschalten. Vor allem, weil laut Grundgesetz die Regierung selbst darüber entscheidet, wann eine Notlage aufzuheben ist.