Durch Gentests kann man herausfinden, ob man die Veranlagung für gewisse Krankheiten hat. So kann man beispielsweise erfahren, ob man ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs, einen Herzinfarkt oder Diabetes aber auch Alzheimer hat. Doch das Wissen, wie es um die zukünftige Gesundheit steht, kann seelisch sehr belastend sein.

Wer Familienmitglieder hat, die an einer vererblichen Krankheit leiden, kennt die große emotionale Last, die damit einhergeht. Man trauert um die kranke Person. Oft muss man auch noch die zeitintensive und belastende Pflege übernehmen und zusätzlich denkt man daran, das einem eines Tages dasselbe Schicksal ereilen könnte. Was egozentrisch klingt, ist ganz normal. Vor allem, wenn es sich um vererbbare Erkrankungen handelt, die schlimmstenfalls sogar tödlich enden können. Auch ich habe einen Krankheitsfall in meiner Familie zum Anlass genommen, mich auf eine bestimmte Krankheit testen zu lassen.

Gentest als Mittel zur Vorbeugung

Bei Krankheiten wie Alzheimer oder Brustkrebs kann man herausfinden, ob man selbst ein erhöhtes Risiko hat, später einmal daran zu erkranken. Das sagt aber eben nur etwas darüber aus, ob man eher Gefahr läuft, vielleicht irgendwann die Krankheit zu bekommen. Es ist jedoch keine Prognose, die einen Ausbruch auch tatsächlich garantiert. 2013 sorgte Angelina Jolie für Aufsehen, als sie in einem Artikel für die New York Times darüber schrieb, dass sie sich die Brüste amputieren hat lassen, um einer Brustkrebserkrankung vorzubeugen. Ein Gentest hatte nämlich ergeben, dass Jolie eine gefährliche Mutation im sogenannten Brustkrebsgen BRCA1 geerbt hat. Viele Frauen, die diese Mutation haben, erkranken später an Brustkrebs.

Eine Amputation kann das Risiko für Brustkrebs jedoch nicht hundertprozentig senken. Ist die Familienplanung abgeschlossen, raten Mediziner allerdings, wie auch im Fall von Angelina Jolie, Menschen mit einem genetischen Risiko zur Entfernung der Eierstöcke. Diese Operation senkt nicht nur das Risiko für Eierstockkrebs. Durch die Entfernung der Eierstöcke und Eileiter lässt sich auch das Risiko für Brustkrebs senken.

Gentest zur Orientierung

In den USA bietet das Unternehmen 23andMe Gentest für zu Hause an. Mit ihnen kann man herausfinden, bei welchen Krankheiten man genetisch ein erhöhtes Risiko hat, daran zu erkranken. Selbsthilfegruppen kritisieren allerdings, dass man bei 23andMe das Ergebnis lediglich über das Internet bekommt. Das durchaus heikle Thema erklärt man den Kunden nicht persönlich. Außerdem weisen Wissenschafter darauf hin, dass das Risiko für bestimmte Krankheiten nicht allein durch die genetische Disposition bestimmt wird. Auch durch die Lebensweise eines Menschen ist ausschlaggebend. Viele wollen aber trotzdem wissen, ob sie für gewisse Krankheiten genetisch prädestiniert sind. Wer beispielsweise eine Familie plant, möchte vielleicht einen besseren Einblick in seine Gesundheit bekommen.

Seit Kurzem bietet 23andMe auch an, eine genetische Veranlagung für Alzheimer austesten zu lassen. Genauer gesagt testet man hier den ApoE-4-Genotyp. Ein Träger dieses ApoE 4-Gens hat ein erhöhtes Risiko, tatsächlich zu erkranken. Im Vergleich zu einem Nicht-Träger ist die Wahrscheinlichkeit um den Faktor 1,7 bis 2,4 erhöht. Doch Alzheimer kann man mittlerweile noch nicht heilen. Will man sich also wirklich bereits in jungen Jahren dem psychischen Druck aussetzen, später vielleicht an einer unheilbaren Erkrankung des Gehirns zu leiden? Auch auf der Website von 23andMe raten sie davon ab und erklären, dass Gentests für die spät einsetzende Alzheimer-Erkrankung momentan von keiner medizinischen Fachorganisation empfohlen werden.

Will ich das wirklich wissen?

In meiner Familie gibt es viele Fälle von Alzheimer. Schon seitdem ich klein war, begleitete mich deshalb die Angst, irgendwann mit der Krankheit konfrontiert zu sein. Mittlerweile bin ich Mitte 20 und das Thema ist in meiner unmittelbaren Familie wieder aktuell geworden. Aus diesem Grund, habe ich mich dazu entschieden, mein Risiko austesten zu lassen, später einmal an Alzheimer zu erkranken. Die erbliche Variante der Krankheit tritt, anders als die spät einsetzende Alzheimer-Erkrankung, in der Regel vor dem 60. Lebensjahr auf und macht weniger als ein Prozent aller Alzheimerfälle aus. 

Alzheimer ist die häufigste Form von Demenz. Nicht nur das Gedächtnis wird hier zunehmend schlechter, auch kann die Krankheit sprachliche, emotionale und kognitive Fähigkeiten beeinträchtigen. Eine Heilung der Krankheit ist noch nicht möglich. Auch das Fortschreiten von leichten Symptomen zu einer Demenz lässt sich mit den momentan zur Verfügung stehenden Medikamenten nicht hinauszögern oder verhindern. Es gibt allerdings Hinweise dafür, dass das Eintreten von Demenz und Pflegebedürftigkeit durch eine nichtmedikamentöse Behandlung in Form von beispielsweise körperlicher Betätigung und geistiger Aktivität hinausgezögert werden könnte. Das ist zwar nicht wissenschaftlich bestätigt, reicht mir aber als Grund und Vorwand, mich auf ein potenzielles Risiko austesten zu lassen.

Ich möchte ein wenig mehr Gewissheit

Ich habe mich lange mit dem Thema beschäftigt und bin für mich zu dem Entschluss gekommen, dass ich wissen will, ob ich genetisch gesehen ein größeres Risiko habe, später vielleicht meine Kinder zu vergessen oder mich nicht mehr in meinem eigenen Haus zurechtzufinden. Zwar bin ich mir darüber im Klaren, dass auch ein Gentest nicht zu 100 Prozent meine gesundheitliche Zukunft vorhersagen kann, aber ich bin zu dem Entschluss gekommen, den grauen Schleier, der sich über meine Familiengeschichte gelegt hat, zumindest für mich ein wenig zu lüften. Zum einen habe ich die Hoffnung, dass der Test negativ ausfällt und mir zumindest eine Illusion gibt, dass meine Gene nicht meine Zukunft bestimmen. Zum anderen bin ich der Überzeugung, dass ich den Krankheitsverlauf durch gezieltes Gedächtnistraining und Aktivitäten hinauszögern kann. Dies ist zwar keineswegs medizinisch bestätigt, wird aber von Ärzten immer wieder geraten.

Ich weiß, dass ich dafür keinen Gentest brauche und einfach so auf meine Gesundheit und meine geistige wie körperliche Fitness schauen kann. Ich glaube aber auch, dass der Test eine Art Ansporn gibt. Wahrscheinlich möchte ich aber allerdings einfach nur ein klein wenig mehr Gewissheit in dieser Situation, der ich sonst einfach ausgeliefert bin.