Obwohl es laut europäischen Recht verboten ist, wird in Österreich 95 Prozent der Schweinen routinemäßig der Schwanz gekürzt. Das besagt ein Gutachten, das Tierschutzminister Rudolf Anschober vorgelegt wurde.

Es wurde im Auftrag von Greenpeace und der Tierschutzombudsstelle Wien (TOW) erstellt.

Damit Schweine sich aus Stress nicht in den Schwanz beißen

In unzureichenden Haltungsbedingungen beißen sich Schweine oft aufgrund von Stress und Langeweile selbst in den Schwanz. Deswegen kürzen die Halter meist präventiv die Schwänze der Tiere. In Österreich passiert dieser Eingriff bei fast allen Schweinen, genauer gesagt bei 95 Prozent. Und das, obwohl die Maßnahme gegen EU-Recht verstößt.

Ein Gutachten der VetMed-Juristin Regina Binder und des ehemaligen Amtstierarztes Rudolf Winkelmayer, das sie im Auftrag von Greenpeace und der Tierschutzombudsstelle Wien erstellt und nun Tierschutzminister Rudolf Anschober vorgelegt haben, zeigt, dass das Schwanz-Kupieren noch immer gang und gäbe ist. Die EU-Kommission hatte die Behörden eigentlich bereits im vergangenen Jahr aufgefordert, Maßnahmen gegen den systematischen Rechtsbruch zu ergreifen. Sonst droht Österreich ein EU-Vertragsverletzungsverfahren. Um die Kürzung der Schwänze zu verhindern, braucht es dringend eine Überarbeitung der 1. Tierhaltungsverordnung.

Tierschutzorganisationen kritisieren zuständige Minister

Greenpeace und die Tierschutzombudsstelle Wien kritisieren dieses Versäumnis der zuständigen Minister Rudolf Anschober und Elisabeth Köstinger. Sie fordern eine rasche Umsetzung der Maßnahmen im vorgelegten Gutachten. „Fünf Millionen Schweinen in Österreich wird jedes Jahr routinemäßig das Ringelschwänzchen abgeschnitten – das schafft nicht nur unnötiges Tierleid, sondern ist auch illegal“, kritisierten Sebastian Theissing-Matei von Greenpeace und TOW-Leiterin Eva Persy. Das Gutachten zählt schwerwiegende Folgen für die Tiere nach dem Eingriff auf.

Laut europäischem Recht dürfe das Kupieren nur als letzter Ausweg erfolgen, wenn alle anderen möglichen Maßnahmen, wie etwa mehr Platz und Stroheinstreu, versagen. Denn: Bei ausreichendem Platz, eingestreuten Liegeflächen und angemessenem Beschäftigungsmaterial trete Schwanzbeißen immerhin nur selten auf. Entsprechend der heimischen Tierhaltungsverordnung sei es hingegen ausreichend, wenn der Betrieb selbstständig nach dem Eingriff durch ein vorgefertigtes Formular dokumentiert, dass die „Notwendigkeit“ des Schwanzkürzens gegeben sei.

Die Autoren schlagen in ihrem Gutachten deshalb einen umfassenden Maßnahmenkatalog vor. Neben der Reparatur der Tierhalteverordnung müsste man etwa auch die bestehende Tierschutzförderungen ausbauen und verbessern. Zudem müsse man endlich konsequent Verstöße gegen das Tierschutzrecht ahnden.