Wir dürfen uns uneingeschränkt bewegen, versammeln, unseren Beruf ausüben und unser Geld ausgeben. Das alles sind Selbstverständlichkeiten, die in Österreich seit 16. März zumindest kurzfristig der Vergangenheit angehören. Aufgrund der Bedrohung durch das Coronavirus sind diese Grundrechte vorübergehend ausgesetzt.

Das Coronavirus sei „die größte Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg“, erklärte Bundeskanzler Sebastian Kurz als er strenge Maßnahmen verkündete, die zur Eindämmung der Pandemie dienen sollen.

Was sind Grundrechte?

Grundrechte sind wesentliche Rechte der Bürger. Sie sind eigentlich als beständig, dauerhaft und einklagbar garantiert. In vielen Staaten sind diese Rechte geschlossen in einem Gesetz zusammengefasst. In Österreich aber sind sie, so wie die gesamte österreichische Bundesverfassung auf zahlreiche Gesetze verteilt.

Die Menschenrechtskonvention sieht übrigens die Möglichkeit eines Ausnahmezustands ausdrücklich vor: Im Falle eines Notstands können auch Bürgerrechte vorübergehend außer Kraft gesetzt werden und beispielsweise die Meinungs- oder Versammlungsfreiheit eingeschränkt werden.

Regierung beschließt Einschränkungen

Genau dieser Ausnahmezustand gilt gerade in Österreich und auch in vielen anderen Ländern. Man darf seine Wohnung nur für Besorgungen, Hilfeleistungen und Bewegung im Freien verlassen. Kontakt haben soll man dabei nur mit jenen Menschen, mit denen man auch zusammenwohnt. Kinder können nicht mehr in die Schule gehen. Geschäfte, die nicht der Grundversorgung dienen, sind geschlossen. Diese strengen Einschränkungen sollen dazu dienen, die gleichzeitigen Ansteckungen mit dem Virus so gering wie möglich zu halten. „Flatten the Curve“ wird auf Social Media propagiert. Denn wenn das nicht geschehe, drohe unser Gesundheitssystem zusammenzubrechen. Deswegen scheint auch die Bevölkerung den Eingriff auf unsere Grundrechte ohne großen Widerstand hinzunehmen. Doch darf die Regierung das eigentlich?

Maßnahmen „verhältnismäßig“

Gegenüber dem Standard erklärt Verfassungsrechtler Heinz Mayer, dass solche Maßnahmen „verhältnismäßig“ sein müssen. Das Coronavirus sei eine entsprechend große Bedrohung. Die Freiheitseinschränkungen sind also bislang gerechtfertigt. Doch die gesellschaftlichen Verschiebungen und politischen Maßnahmen werden noch länger andauern. Erst am 20. März hat man in Österreich die Ausgangsbeschränkungen bis 13. April verlängert. Und das birgt auch Gefahren.

Initiative gegen Kontroll- und Überwachungspolitik

„All jene, die Interesse an Kontroll- und Überwachungspolitik haben, haben jetzt weitgehend freie Hand. Maßnahmen, wie Grenzschließungen und Einschränkung von Versammlungsrechten bedeuten nicht nur eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit“, erklärt die neue gegründete Gruppe Coview. Sie möchte daher die aktuellen Einschränkungen unserer Grundrechte kritisch begleiten und stellt Fragen wie: „Wann werden Grenzen, die nun geschlossen werden, wieder geöffnet? Wann können Demonstrationen wieder uneingeschränkt stattfinden?“

„Die staatlichen Maßnahmen führen dazu, dass wir als Individuen in bestimmtem Maß bevormundet werden. Dabei ist es wichtig, selbstverantwortliche und den Mitmenschen gegenüber achtsame Entscheidungen und Vorsichtmaßnahmen selbst zu erkennen und umzusetzen“, erklärt die Initiative. Außerdem warnt sie davor, dass einige Gruppen nicht beachtet werden: etwa prekär Beschäftigte oder Flüchtlinge. Man sehe nun, welche Maßnahmen rasch möglich seien, deshalb könne man auch Forderungen stellen, die bisher nicht denkbar wären, so die Initiative.