Acht Menschen, davon sechs Frauen aus der asiatisch-amerikanischen Community: Der Attentäter von Atlanta fuhr drei Massage-Studios ab, um seine Opfer zu erschießen. Er selbst streitet Rassismus als Motiv ab und spricht von „Sexsucht“.

Die Massagesalons seien eine „Versuchung“ für ihn gewesen.

Attentat in Atlanta: „Er hatte einen sehr schlechten Tag“

„Sexsucht“: So beschreibt der Verdächtige, der beschuldigt wird, am 16. März gezielt auf Personen in Massage-Salons in der Nähe von Atlanta acht Menschen geschossen zu haben, sein Motiv. Rassismus sei es nicht gewesen. Der Amoklauf begann am Dienstagnachmittag in einem asiatischen Massagesalon in Acworth, einem Vorort im Nordwesten von Atlanta, der Hauptstadt des Bundesstaates Georgia. Der Schütze tötete dort vier Frauen, die allesamt asiatischer Abstammung waren. Eine Dreiviertelstunde später überfiel der Attentäter dann in Atlanta zwei weitere Massagesalons. Dabei erschoss er vier weitere Personen – zwei weitere asiatischstämmige Frauen, eine weiße Frau sowie einen weißen Mann.

Die Massagesalons seien eine „Versuchung“ gewesen. Er hätte diese Versuchung beseitigen wollen, so der 21-jährige weiße Verdächtige. Der Verdächtige habe angegeben, an einer Sexsucht zu leiden und in der Vergangenheit selbst Massage-Salons besucht zu haben, sagte ein Sprecher der Polizei in Cherokee County. „Er hatte gestern einen sehr schlechten Tag“, sagte ein Polizeivertreter am Mittwoch über den Schützen. „Und dann hat er das gemacht.“ „Ein schlechter Tag“ also. Ein schlechter Tag, der dazu führte, dass acht Menschen sterben mussten.

Frauenhass und anti-asiatischer Rassismus

Ob der Verdächtige die Wahrheit sagt oder nicht, müssen die Beamten erst noch ermitteln. Noch wollen sie weder von Sexismus noch von Rassismus als Motiv sprechen. Stimmt aber die Aussage des 21-Jährigen, so dürfte nicht nur Frauenhass, sondern auch anti-asiatischer Rassismus ausschlaggebend für das Attentat gewesen sein. Der Täter suchte sich gezielt Massage-Studios aus, in denen Frauen aus der amerikanisch-asiatischen Community arbeiten. Klischees und hypersexualisierte Stereotype dürften hier eine große Rolle spielen.

Dass asiatische Frauen beziehungsweise Frauen mit asiatischer Abstammung hypersexualisisiert werden, zeigt sich in Medien und Pop-Kultur. Die Dragon Lady oder China Doll beziehungsweise Lotusblüte sind vor allem in den USA verbreitete Stereotype ostasiatischer Frauen. Die Dragon Lady beschreibt dabei eine Femme Fatale-artige, verführerische, begehrenswerte aber auch manipulative Frau. Die China Doll oder Lotusblüte charakterisiert ostasiatische Frauen als exotisch und unterwürfig: Eine Frau, die ihrem Partner jeden sexuellen Wunsch erfüllt. Diese Klischees äußern sich auch in dem Vorurteil, dass viele der Massage-Studios, wie jene, die am 16. März zum Tatort wurden, asiatische Bordelle seien.

Anti-asiatischer Rassismus steigt in der Pandemie

Doch nicht nur asiatische Frauen sind Opfer rassistischer Stereotype. Generell sind asiatischstämmige Amerikaner vor allem wegen der Corona-Pandemie verstärkt zum Ziel von Anfeindungen und Diskriminierung geworden. Organisationen, die die Interessen asiatischstämmiger Amerikaner vertreten, meldeten im vergangenen Jahr einen drastischen Anstieg von rassistisch motivierten Übergriffen.

So gab es nach Angaben der Kampagne „Stop AAPI Hate“ gab seit März 2020 etwa 3800 rassistische Attacken auf asiatische Amerikaner. Rund ein Zehntel davon waren tätliche Angriffe. Das, so der Vorwurf, habe auch an einem aufgeheizten politischen Klima gelegen, in dem Menschen aus Asien die Schuld an der Pandemie gegeben wurde. Und tatsächlich hat der frühere Präsident Donald Trump immer wieder betont, dass das Virus aus China in die USA gekommen ist. Er sprach sogar immer wieder vom „China-Virus“.

Nach dem Attentat protestierten hunderte Menschen in mehreren US-amerikanischen Städten gegen den aufkeimenden anti-asiatischen Rassismus. „Ich kenne Menschen, die ständig beschimpft werden und jeden Tag um ihr Leben bangen“, so eine Demonstrantin in Washington DC gegenüber NBC4.