Medikamente, die zur Behandlung von psychischen Erkrankungen eingesetzt werden, haben oft heftige Nebenwirkungen. Doch neue Wirkstoffe könnten jetzt dafür sorgen, dass Antidepressiva keine Nachteile mehr mit sich bringen.

So soll künftig auch Medikamentenmissbrauch vermieden werden.

Antidepressiva ohne Nebenwirkungen – geht das?

Antidepressiva zählen eigentlich zur Standardtherapie bei der Behandlung von beispielsweise Depressionen. Doch immer wieder wird den Psychopharmaka nachgesagt, teils heftige Nebenwirkungen zu verursachen. So könnten Patientinnen etwa unter starker Gewichtszunahme leiden, eine merkbare Persönlichkeitsveränderung durchmachen oder sogar süchtig danach werden.

Diese Nachteile sorgen bei vielen Menschen dafür, dass sie Angst haben, ein derartiges Präparat täglich zu sich zu nehmen. Und das, obwohl es ihnen vielleicht sogar bei einer psychischen Erkrankung helfen könnte. Bisher gab es auch keine Alternativen zu den gängigen Antidepressiva. Bis jetzt. Ein Forschungsteam vom Zentrum für Physiologie und Pharmakologie der MedUni Wien hat nach neuen Wirkstoffen geforscht, die vor allem eines können sollen: Nebenwirkungen dieser Pillen vermindern bzw. ganz beseitigen. Sollte dies gelingen, dann könnte man damit in weiterer Folge auch den Medikamentenmissbrauch eindämmen, der aufgrund der heftigen Wirkungen oft entsteht.

Serotoninmangel soll für Depressionen sorgen

Zahlreiche Medikamente, die gegen psychische Erkrankungen helfen sollen, wirken sich laut Forscher:innen auf die Übertragung von Neurotransmittern aus. Gemeint sind damit Botenstoffe im Gehirn, wie beispielsweise das Glückshormon Serotonin sowie das Stresshormon Noradrenalin.

Bereits in den 60er-Jahren hat sich in der Wissenschaft die Annahme verbreitet, dass Depressionen dann entstehen, wenn die Person, die darunter leidet, einen Serotoninmangel im Gehirn aufweist. Mittlerweile zweifeln Expert:innen an dieser Hypothese – dennoch basieren die meisten Antidepressiva darauf, die Serotoninkonzentration zu erhöhen.

Cathinone sollen Antidepressiva besser machen

Das Forschungsteam rund um Harald Sitte der MedUni Wien hat sich auf die Suche nach alternativen Wirkstoffen, ohne derartige Nebenwirkungen gemacht. Eine Studie, die sie im Fachjournal Molecular Psychiatry publiziert haben, scheint sehr vielversprechend zu sein. Experimente zeigen, dass bestimmte Substanzen aus der Familie der synthetischen Cathinon-Verbindungen großes Potenzial für die Behandlung von psychischen Erkrankungen haben.

Cathinone leiten sich von Cathin ab, ein Inhaltsstoff, der in der Khat-Pflanze vorkommt. „Diese Stoffe zeigten zunächst in unseren Zellmodellen und dann auch in unserem Tiermodell Effekte, die mit Serotonin assoziiert sind“, wie Harald Sitte erklärt. Das Bahnbrechende: Die Cathinon-Verbindungen haben Serotonin freigesetzt, ohne dadurch den Dopaminspiegel im Belohnungszentrum des Gehirns wesentlich zu erhöhen.

Das Fazit der Wissenschaftler:innen: Der neue Wirkstoff bringt weniger unerwünschte Nebenwirkungen mit sich und ist somit auch nicht mehr so anfällig für Abhängigkeit. Ob und wann man Antidepressiva künftig mit Cathinone herstellt, zeigen klinische Studien.