Die meisten Eltern wollen ihre Kinder zu selbstbewussten, starken und erfolgreichen Lebewesen erziehen – viele machen dabei aber unbewusst Fehler, die genau das Gegenteil bewirken. Gerade Ratschläge, die auf den ersten Blick motivierend stark machend wirken, sind in Wahrheit oft negative Mantras, die bremsen, statt voranzutreiben. Wie Ratschläge zu geben wirklich geht, erklärt die Psychologin Emma M. Seppälä auf Psychology.com.

6 schlechte Ratschläge und was man stattdessen sagen soll

1. „Denk immer an die Zukunft!“

Besser: „Lebe im Moment.“ Studien haben ergeben, dass unsere Gedanken die Hälfte der Zeit, in der wir wach sind, wandern – und wenn die Gedanken Zeit zum Kreisen haben, ist die Gefahr groß, in der Vergangenheit zu schwelgen oder sich über die Zukunft zu sorgen. Sich also zu sehr auf die Zukunft zu konzentrieren, kann ziemlich bremsen. Es kann Angst und Unsicherheit hervorrufen. Kindern geht es besser, wenn sie im Moment leben können und sich auf das Jetzt fokussieren. Klar, Ziele zu haben ist wichtig. Aber anstatt sich ständig auf die ewig lange To-Do-Liste zu konzentrieren, um ein weit entferntes Ziel zu erreichen, ist es sinnvoller, sich auf jene Aufgaben zu fokussieren, die JETZT wichtig sind.

2. „Ohne Stress geht’s nicht. Mach so weiter.“

Besser: „Lerne, runter zukommen.“ Bereits im jungen Alter in der Schule müssen Kinder mit jeder Menge Stress und Notendruck umgehen. Auch im Uni- oder Berufsleben wird es nicht besser, im Gegenteil: Die Anforderungen werden immer höher. Anstatt Methoden zu entwickeln, die einen nach anstrengenden Tagen wieder runterholen, arbeiten wir noch mehr, machen die Nächte durch oder trinken Alkohol. Sinnvoller wäre es, rechtzeitig zu lernen, mit dem Stress umzugehen. Beispielsweise mit Yoga oder Meditation.

3. „Unternimm was!“

Besser: „Hab Spaß dran, mal nichts zu machen.“ In der Freizeit mal nichts zu machen und faul zu sein, ist in unserer Gesellschaft immer noch etwas verpönt. Wir neigen dazu, die Zeit nach Schule und Arbeit noch ordentlich zu verplanen – und verlernen dabei, Körper und Geist runter zufahren und zu entspannen. Dabei kommen die besten neuen Ideen im Ruhe-Modus – das ist auch bei den Kleinen so. Kindern freie Momente zu erlauben, in denen sie ihre Fantasie spielen lassen dürfen anstelle sich körperlich oder geistig auspowern zu müssen, kann ihnen erheblich dabei helfen, kreativer und innovativer zu werden.

4. „Konzentriere dich auf deine Stärken.“

Besser: „Mach Fehler und lerne, zu scheitern.“ Viele Eltern neigen dazu, ihre Kinder ihren (vermeintlichen) Stärken nach zu kategorisieren. Das Kind mag gern Mathe, lernt schnell neue Sprachen oder kann gut mit Menschen? Das ist toll, aber diese Einteilungen werden verhindern, dass sich der Sprössling an neue Dinge ranwagt. Anstelle Kindern also zu sagen, dass sie sich auf ihre Stärken konzentrieren sollen, ist es sinnvoller, ihnen zu sagen, dass sie alles ausprobieren und lernen können, was sie wollen.

5. „Die Welt ist ein Ort, an dem jeder gegen jeden kämpft. Sei die Nummer 1.“

Besser: „Hab Mitgefühl mit Anderen.“ Diverse Studien haben gezeigt, dass soziale Beziehungen die Basis eines gesunden, glücklichen Lebens sind. Sie beeinflussen unsere intellektuelle Entwicklung und haben somit Auswirkung auf ein erfolgreiches Leben. Unterstützende Beziehungen zu Anderen sind sowohl wesentlich für die private sowie die berufliche Laufbahn. Kinder sind meist von Natur aus empathisch und sorgen sich um ihre Mitmenschen. Diese Fähigkeit wird ihnen oft abtrainiert – weil man schließlich nur „weiter kommt, wenn man vor allem auf sich selbst schaut.“ Besser ist es aber, sie lernen zu lassen, sich in Andere hineinzuversetzen.

6. „Sei nicht so weichlich und arbeite an dir.“

Besser: „Behandle dich selbst gut.“ Viele Menschen denken, Kritik sei wichtig, um sich selbst verbessern zu können. Im Eifer des Gefechts passiert es dann aber leicht, dass Eltern ihre Kids zu überkritischen, unsicheren Menschen erziehen. Wird ein Kind also ständig dazu ermuntert, offener auf Andere zu zugehen, wird es unweigerlich anfangen sich zu fühlen, als wäre es mit seiner natürlichen introvertierten Art unzureichend. Zu selbstkritisch zu sein, führt zu Angstzuständen und Unsicherheit. Stattdessen sollten Eltern ihre Kinder ermutigen, mehr Mitgefühl mit sich selbst zu haben und auf sich zu hören und im Falle eines Scheitern so tröstlich zu einem selbst zu sein, wie sie es zu einem Freund wären. Kinder sollen lernen, alle Aspekte ihrer Persönlichkeit anzunehmen und zu lieben – es ist eben doch okay, manchmal schüchtern zu sein. So lassen sich viel leichter kleine Ziele setzen und erreichen, vielleicht doch etwas mutiger im Umgang mit Anderen zu sein.